„Manchmal ist mir, als hätte man uns in einen Film gesperrt. Wir kennen unseren Text, wir wissen, wo wir gehen und stehn sollen […] und es gibt keine Kamera. Aber wir können nicht mehr raus. Und es ist ein schlechter Film.“ (Charles Bukowski)
Das Menschsein, einmal in die Welt geworden, zur Freiheit verurteilt – als Akteure in dem schlechten Film, der sich Leben nennt – gezwungen, Mensch zu sein.
Aber was ist überhaupt der Mensch? – In den ersten Stunden unserer gemeinsamen Theaterarbeit haben wir uns genau mit dieser Frage beschäftigt. Neben Ansätzen wie, dass der Mensch von Natur aus gut, ein Individuum oder ein Kind Gottes sei, sind wir jedoch sehr schnell zu den Abgründen unserer Spezies gekommen und haben daher die Arbeitsthese entwickelt, dass mannigfaltige Abgründe in uns liegen, die durch die 7 Todsünden bestimmt werden. So ist eine Theatercollage entstanden, die verschiedene Szenen zeigt, in denen das Menschsein entwertet wird.
Neben dem Schauspiel haben wir mit Fotografie und Videodreh gearbeitet. Unsere Szenen basieren auf eigenen Ideen und Erfahrungen sowie auch auf lyrischen Texten wie zum Beispiel auf „Weltende“ von Else Lasker-Schüler, zu welcher Vertonung einige Schüler eine stumme Performance einstudiert haben, die durch Körpersprache und Bewegung die Stimmung des Textes widerspiegelt. Andere Szenen zeigen die Verkörperung der Todsünden, wiederum andere drücken aus, dass der Mensch frei von allen Sünden handeln kann, hier haben wir zum Bespiel Standbilder zu Klaviermusik, gespielt von einem Schüler, gebaut.
Besonders inspiriert hat uns ein gemeinsamer Theaterbesuch im Theater an der Ruhr, als wir uns „Sokrates der Überlebende / Wie die Blätter“ angesehen haben. Der Roman „Der Überlebende“ von Antonio Scurati und Texte von Cees Noteboom sowie Platon bilden die Grundlage der Inszenierung. Aus der persönlichen Perspektive eines Geschichts- und Philosophielehrers, der vor seiner Klasse steht und das Thema des Todes von Sokrates behandelt, schildert Regisseur Simone Derai die letzte Unterrichtsstunde vor einem Amoklauf: Ein Schüler richtet eine ganze Prüfungskommission hin und verschont nur diesen einen Lehrer, der als Überlebender zum Erzähler der Geschichte wird. Auch mit diesem Thema haben wir gearbeitet und uns Möglichkeiten der theatralen Darstellung überlegt – leider kam dann Corona.
Unglaublich gerne hätten wir unser Stück aufgeführt, so viele wunderbare Ideen, Mühe und Arbeit steckten schon darin. Was uns bleibt sind aber schöne Erinnerungen an eine gemeinsame kreative Zeit, die uns als Gruppe zum Team gemacht hat. Auch das ist der Mensch, ein Wesen, das sich mit anderen Menschen verbinden will, um seine Ziele zu erreichen.
Der Literaturkurs Jg.12 und Frau Vogt